Tinnitus

Ich höre was, was du nicht hörst

Von Udo Böhlefeld · 2017

Eine Frau mit schmerzverzerrtem Gesicht hält die Hand vors Ohr
Ein Tinnitus kann die Lebensqualität stark einschränken.

Wer denkt, dass Hörprobleme immer darin bestehen, zu wenig zu hören, der irrt. Allein in Deutschland leiden weit über elf Millionen Menschen temporär oder dauerhaft daran, zu viel zu hören. Tinnitus-Betroffene nehmen Geräusche losgelöst von einer Schallquelle wahr.

Es pfeift, brummt, rauscht, zischt, pocht oder hämmert, aber vor allem zerrt es an den Nerven. Generell ist jeder Tinnitus ein individuelles Phänomen, das von Fall zu Fall anders wahrgenommen wird. Die Geräusche können kontinuierlich oder rhythmisch, laut oder eher leise sein. Da das sogenannte „Phantomgeräusch im Ohr“ nur von den Betroffenen hörbar ist, lässt sich die Erkrankung bis heute nur schwer objektiv messen. Große Übereinstimmung herrscht jedoch bei der empfundenen Beeinträchtigung. Wenn der Pfeifton nicht vom Anrufbeantworter kommt, bedeutet das häufig puren Stress: Fast jeder vierte Betroffene beklagt einen Verlust seiner Lebensqualität. 

Lärm geht auf die Ohren

So unterschiedlich die Ausprägungen eines Tinnitus sind, so vielfältig können die Auslöser sein. Das können psychische Belastungen wie starker Stress, physische Ursachen wie eine Innenohrerkrankung oder internistische Erkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes sein. Eine häufige Ursache ist Lärm. Und dabei geht es nicht nur um laute Knallgeräusche.

Wenn der Pfeifton nicht vom Anrufbeantworter kommt.

Schon dauerhafte Belastungen ab 85 Dezibel, was in etwa dem Geräuschpegel einer befahrenen Straße entspricht, können die Ohren schädigen. Es lohnt sich also, die Lauscher zu schützen. Auch um Folge- oder Begleiterkrankungen wie Schlafstörungen, Muskelverspannungen, Konzen­trationsprobleme oder Depressionen zu vermeiden. 

Tinnitus ist nicht gleich Tinnitus

Wenn die Störgeräusche im Ohr noch nicht länger als drei Monate bestehen und sich auf ein bestimmtes Ereignis zurückführen lassen, handelt es sich in der Regel um einen akuten Tinnitus. Dieser verschwindet häufig innerhalb von einem bis zwei Tagen von ganz alleine. Anderenfalls sollte frühestmöglich ein Hals-Nasen-Ohrenarzt aufgesucht werden, der meist schnell Abhilfe schaffen kann. Bei einer Beeinträchtigung von mehr als drei Monaten spricht man bereits von einem chronischen Tinnitus. Auch dieser lässt sich häufig noch erfolgreich behandeln. Je länger der Tinnitus jedoch anhält, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er den Rest des Lebens bestehen bleibt.

Es lohnt sich immer, was zu tun!

Die schlechte Nachricht ist, dass die Zahl der Tinnitus-Patienten kontinuierlich steigt. Die gute Nachricht: Mediziner arbeiten ebenso kontinuierlich daran, die Ursachen der Erkrankung immer besser zu erforschen und neue zielführende Therapien zu entwickeln. Schon heute stehen nach einer fachärztlichen Diagnostik zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die Spanne reicht von medikamentösen Behandlungen über Verhaltenstherapien und akustischer Stimulation bis zur Operation bei organischen Ursachen. Und auch wenn es bis heute nicht die Möglichkeiten gibt, bei einem chronischen Tinnitus die Geräusche einfach auszuschalten, lässt sich doch die Belastung minimieren und die Lebensqualität steigern.

Wussten Sie schon, dass …

ein Tinnitus je nach Schwere in folgende vier Kategorien eingeteilt wird?

Grad I: leichtgradig

Der Tinnitus stört den Betroffenen kaum, und es besteht kein Leidensdruck.

Grad II: mittelgradig

Der Tinnitus tritt hauptsächlich in Stille auf. Er wird in bestimmten Situationen oder bei Stress als belastend erlebt.

Grad III: schwergradig

Der Tinnitus beeinträchtigt die Lebensqualität und Leistungsfähigkeit. Es treten Störungen im emotionalen, körperlichen sowie kognitiven Bereich auf. Betroffene sind zwar arbeitsfähig, aber die Seele leidet.

Grad IV: sehr schwergradig

Der Tinnitus stört ständig, beeinträchtigt massiv die Lebensqualität und führt bis zur Berufsunfähigkeit.

Grad I und II werden als kompensierter Tinnitus bezeichnet, das heißt, die Ohrgeräusche führen nicht zu psychischen Störungen. Sind geistige Beeinträchtigungen die Folge von Ohrgeräuschen, spricht man von einem dekompensierten Tinnitus (Grad III und IV).

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